Salomon „Sally“ Perel – inzwischen 93 Jahre alt – ist einer der letzten Zeitzeugen des Holocaust. Am 21. April 1925 als Sohn eines Rabbiners in Peine geboren, verliert er im Alter von nur zehn Jahren seine deutsche Heimat:
die Nationalsozialisten zerstören das Geschäft seiner Familie, die daraufhin nach Osten flüchtet. Als die Wehrmacht polnisches Gebiet erreicht, verlassen Sally und sein Bruder ihre Familie auf Wunsch der Eltern, um Zuflucht in der Sowjetunion zu finden.
„Du sollst leben!“, sind die letzten Worte seiner Mutter, die er nie wieder sieht. Der Vater verabschiedet sich so, auch für immer: „Vergiss nie, wer du bist!“ Vor Minsk werden die beiden Brüder von deutschen Soldaten festgenommen. Um sein Leben zu bewahren, verschleiert Sally Perel seine jüdische Identität: Salomon Perel wird geistesgegenwärtig zu Josef (Jupp) Perjell. „Aus dieser Notlüge entwickelte sich ein Doppelleben am Rande des Wahnsinns“, wie Sally Perel 1992 in einem Interview mit dem Spiegel berichtet.
Seine beeindruckende Geschichte verarbeitete Perel zunächst in seinem autobiographischen Buch „Ich war Hitlerjunge Salomon“, das Anfang der 90er Jahre verfilmt und mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde: „Hitlerjunge Salomon“ (internationaler Titel des Films: Europa, Europa!). Unter diesem Namen ist Perel seither bekannt. Die amerikanische Filmakademie nominierte Agnieszka Hollands vieldiskutierten Film "Hitlerjunge Salomon", der auf der vorliegenden Geschichte basiert, in der Kategorie "Bestes Drehbuch" zur Oscar-Preisverleihung. Hier der Trailer:
Seit 2014 findet alle zwei Jahre ein Filmfestival von, für und mit Sally Perel statt. Auch eine Schule in Braunschweig ist inzwischen nach ihm benannt (2018). Hier ein TV Beitrag der ARD dazu. Schon lange und noch heute, mit 93 Jahren, nutzt Sally Perel seine Bekanntheit, um die Lehren aus der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen: „Wir müssen alles tun, damit sich so etwas nicht wiederholt“, warnt er. Daher berichtet der „Hitlerjunge Salomon“ öffentlich in Zeitungs-, Radio- und Fernsehinterviews vom „dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte“, wie er den Holocaust bezeichnet. Zeitzeugen seien die besten Geschichtslehrer, so Perel (2015) im ZDF bei Markus Lanz:
Nach dem Krieg und bis heute in Israel lebend, reist er doch mehrmals im Jahr zurück nach Deutschland. Warum? „Mein Hauptinteresse sind bei diesen Besuchen die jungen Leute. An die wende ich mich mit meiner Geschichte“, erklärt Sally Perel im Spiegel-Interview 2018. Sally Perel besucht jedes Jahr zahlreiche Schulen in Deutschland, um seine einmalige Geschichte lebendig werden zu lassen. Als Erzähler berührt der dabei die Herzen von Schülern aller Religionen – und ruft zum Frieden auf, auch zwischen Israelis und Palästinensern.
Die Schuld-Frage spiele für ihn übrigens keine Rolle – „ […] ich habe der deutschen Jugend nichts zu verzeihen. Schuld erbt man nicht. Ich will nicht Schuldgefühle wecken, sondern mit der Wahrheit den Verstand erleuchten.“ Mit seinen Berichten möchte er dazu beitragen, die Jugendlichen „widerstandsfähiger“ zu machen. Seine Warnungen beziehen sich nicht nur auf die Vergangenheit. „Das hat ja damals auch so angefangen“, erklärt Perel und zieht erschreckende Parallelen zur Jetzt-Zeit. Wahlerfolge der AfD, Hetzjagden auf Menschen in Chemnitz und Misstrauen gegenüber der Presse: „Das hat dasselbe Potential.“ Auch die ganz Kleinen sollen aus der Vergangenheit lernen – Perel besucht deshalb auch Grundschulen.
Der Sally-Perel-Preis wird verliehen, um Jugendliche und junge Erwachsene „zu motivieren, zu fördern und zu unterstützen, sich für Respekt und Toleranz zu engagieren.“ Natürlich sitzt Perel höchstpersönlich in der Jury, um besondere Leistungen auszuzeichnen.
Es ist sein Anliegen, diese Erfahrungen weiterzugeben, insbesondere an junge Menschen und auf die Gefahren heute aufmerksam zu machen. Dieser Einsatz von Sally Perel, noch im hohen Alter und seine persönliche Verbindung zum Volkswagen Werk Braunschweig sind der Anlass, dem Preis seinen Namen zu geben.
Schule mit Courage - Wie würdest du handeln? Der Ortsjugendausschuss (OJA) der IG Metall Braunschweig hat drei Kurzfilme über leider gegenwärtige Situationen junger Menschen mit Migrationshintergrund gedreht. Die Idee und die Drehbücher dafür entstanden 2017 auf einem Wochenendseminar und wurden bereits mit dem Sally-Perel-Preis des Volkswagen Betriebsrats ausgezeichnet.